6. Oktober 2016

Standbild (12)

Schiffbruch

Außen. Meer. Tag. Die leicht bewegte Wasseroberfläche breitet sich bis zum fernen Horizont unter einem milchig bedeckten Himmel. Inmitten der Wellen treibt das etwa drei mal drei Meter großes Bruchstück einer hölzernen Kajütenverkleidung. Auf der rechten Seite der in leichter Schräglage schwimmenden Fläche ragen die spärlichen Reste der zerborstenen Bodenbeplankung empor. Am anderen Rand des behelfsmäßigen Floßes liegt, neben einer kreisrunden Fensterluke, ein dunkelhaariger junger Mann mit geschlossenen Augen auf dem Rücken. Ein locker um den Bauch geschlungenes Schiffstau sichert den reglosen Körper gegen das Hinabgleiten ins Wasser. Die Kleidung des Mannes ist schmutzig und durchnäßt. Faustgroße Löcher durchziehen seinen ärmelloser Wollsweater, unter zerfetzen Hosenbeinen schauen seine bloßen Füße hervor. Ohne Versorgung mit Trinkwasser und Proviant gibt es für den einzigen Überlebenden der Besatzung eines schrottreifen Frachters, der von den Eignern in der Absicht, die Versicherungssumme zu kassieren, auf hoher See versenkt wurde, keine Aussicht auf Rettung.

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