2. April 2014

Herzschmerz 3.0

Kino | »Her« von Spike Jonze (2013)

»Worte, Worte, nichts als Worte.« (Robert Gernhardt) Der hoch-/spät-/postmoderne Mensch und seine Schwierigkeiten mit sich und den Zeitgenossen: Liebesnöte und Beziehungsstreß, Kuschelsucht und Distanzierungspanik, Suche nach dem idealen Gegenüber und unausweichliche Enttäuschung, das einsame, entfremdete Ich unter lauter anderen einsamen, entfremdeten Ichs – Antonioni, ick hör dir trapsen. In Spike Jonzes futuristisch-melancholischer Beziehungskomödie »Her« sind Einsamkeit und Entfremdung appetitlich durchgestaltet, so als hätte sich Tyler Brûlé die nahe Zukunft ausgedacht, und: Es wird nicht verstockt geschwiegen, sondern (was auf das Gleiche hinauskommt) ununterbrochen geschwätzt. Theodore (mit modisch-ironischem Schnauzer: Joaquin Phoenix), der seinen gehobenen Lebensstil (à la Cyrano de Bergerac) mit dem Verfassen von gefühlvollen Liebesbriefen für andere Leute verdient, verfällt mit Haut und Haar (und Zunge) seinem neuen, künstlich beseelten, mit sexy Stimme (Scarlett Johansson) plaudernden Betriebssystem Samantha. (»I love you, Samantha / And my love will never die«, schmachtete ja schon weiland Bing Crosby.) Aus der originellen Konstellation zieht Jonze keine besonders originellen erzählerischen Konsequenzen: Mensch und Maschine durchlaufen lediglich wohlbekannte Beziehungsstadien: Romantik und Rausch, Krise und Herzbruch. »Her« ist so schick, so glatt, so flach wie ein State-of-the-art-Touchscreen, den Protagonisten des Films eignen denn auch keine besonderen Eigenschaften: zwei redselige Monaden des Informationszeitalters auf ewig getrennten Wegen.

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