7. März 2012

They make movies here

YouTube | »Los Angeles Plays Itself« von Thom Andersen (2003)

»This is the city. Los Angeles, California.« Monumentaler Essay über die Darstellung einer Stadt im Film. Los Angeles (Autor Thom Andersen, ein Einheimischer, verabscheut die Abkürzung ›L.A.‹) ist freilich nicht irgendeine Stadt, sondern in gewisser Hinsicht die Hauptstadt des Films, auf jeden Fall die meistgefilmte Stadt der Kinogeschichte, eine Stadt indes, die (im Vergleich zu Paris oder New York) kaum vordergründiges Fotogenie besitzt, die beim Ablichten oft genug auch gar nicht selbst gemeint war, die nur ihre Oberfläche zur Schau stellen mußte (oder vielleicht: durfte), eine Stadt jedenfalls, die über die Jahre hinweg endlos viele Rollen gespielt hat. In drei Kapiteln (»The City as Background«, »The City as Character«, »The City as Subject«) und mittels Hunderter sorgfältig ausgewählter Ausschnitte – von frühem Mack-Sennett-Slapstick über Noir-Klassiker, Avantgarde-, Katastrophen- und Actionfilme bis hin zu neorealistisch inspirierten Independentwerken von Chicanos und Afroamerikanern – untersucht Andersen die Mystifizierungen sowie die (gewollten oder ungewollten) dokumentarischen Qualitäten, die den Filmen anhaften, die in und – spätestens seit den 1970er Jahren – auch über Los Angeles gedreht wurden. Er rekonstruiert das Verschwinden ganzer Stadtviertel, vergleicht die Abbildung einzelner Gebäude in verschiedenen Filmen, etwa des ›Bradbury Building‹, eines neoromanisch-utopistischen Geschäftshauses aus dem späten 19. Jahrhundert (Star von Rudolph Matés »D.O.A.« und Ridley Scotts »Blade Runner«), oder Frank Lloyd Wrights aparter Maya-Deco-Phantasie ›Ennis House‹ (Star von William Castles »House on Haunted Hill«, und – wiederum – »Blade Runner«), reflektiert über die seltsamen Konnotationen von moderner Architektur und Verbrechen (beispielsweise in »Leathal Weapon« und »L.A. Confidential«), huldigt Jack Webbs roboterhaft-paranoider cop opera »Dragnet«, mokiert sich über »silly topographies« in »silly movies«, erweist dagegen europäischen »high tourists« wie Antonioni und Deray, Polanski und Demy seine Reverenz, die dem Wesen der Stadt mit dem unverbrauchten Blick der Auswärtigen nahe kommen konnten. Andersens Montage ist eine unglaublich reichhaltige, vielschichtige, unterhaltsame Sight-Seeing-Tour durch Erscheinungen und Erinnerungen, über Highways und Hügel, in fabrizierte Träume und ungeschminkte Realitäten, eine begeisternde »Einführung in eine wahre Geschichte des Kinos (von Los Angeles)«, eine kinematographische tour de force, die Lust macht, alle zitierten Filme neu oder wieder oder anders zu entdecken.

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