10. Januar 2012

Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle

Kino | »Carnage« von Roman Polanski (2011)

Eine Handvoll Personen, von äußeren Umständen an einem eng begrenzten Ort zusammengebracht und -gehalten – seit einem halben Jahrhundert nutzt Roman Polanski dieses dramaturgische Prinzip für seine Filme, und immer wieder bricht in seinen Huis-clos-Stücken durch eine dünne zivilisatorische Fassade die wahre, Seelen und/oder Körper metzelnde, Natur des Menschen. »Carnage« bedient das bekannte Muster in Form einer urbanen Salonkomödie um zwei Ehepaare, die sich wegen eines Zusammenstoßes ihrer rauflustigen Söhne begegnen; von penetrant klingelnden Telefonen über brechreizerregende Süßspeisen bis zum enthemmenden Einsatz von Alkoholika läßt Boulevard-Profi Yasmina Reza kein Mittel aus, um ihren Protagonisten die Masken der Gesittung von den Gesichtern zu reißen. Tiefes Loten in gesellschaftspsychologische und/oder interpersoneller Abgründe ist ihre Sache dabei nicht: Rezas Vorlage bietet in erster Linie vier Paraderollen für gehobene Rampensäue. Foster und Reilly, Waltz und Winslet (sowie Polanski) nehmen diese Gelegenheit dankbar wahr, so daß sich 80 Minuten lang könnerhaftes Overacting studieren läßt.

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